Der Zurlaubenhof

Die Geschichte des Zurlaubenhofs beginnt am Ende des 16. Jahrhunderts, am Ende eines Jahrhunderts, das für Europa Aufbruch und Wiedergeburt bedeutete. Es war die Zeit der grossen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen, die Zeit des Humanismus, der Wissenschaft und Bildung. Die Zeit, in der Kunst und Architektur zu neuen Ausdrucksformen fanden. Zug war damals ein kleines Landstädtchen, das soeben planmässig vergrössert und mit einer zweiten Stadtmauer ummantelt worden war.

 

16./17. Jahrhundert – Der Hof am «Schilt»              

Paul Stocker, Gemahl von Barbara Zurlauben, Kunstmaler und Leutnant in französischen Diensten, errichtete 1597 südlich der Stadt Zug am sogenannten «Schilt» ein stattliches Bauernhaus. Er verkaufte es seinem Schwager Konrad III. Zurlauben, im Range eines Hauptmanns ebenfalls in französischen Diensten tätig, der es ab 1616 zum repräsentativen Herrensitz mit Renaissancegarten umbauen liess: dem «Hof am Schilt». Dabei wurde das Haupthaus um einen prächtigen Festsaal aufgestockt und 1623 um eine Kapelle und ein Vielzweckbauernhaus erweitert. Nach dem Tod von Konrad III. übernahm 1637 Heinrich I. Zurlauben den Hof und liess 1645 ein Nebengebäude mit elegantem Festsaal errichten. Der Prunk war nicht mehr von langer Dauer: Als Karl Josef Brandenberg 1698 den Hof am Schilt übernahm, befand sich dieser in einem desolaten Zustand.

 

18. Jahrhundert – Klein-Versailles am Zugersee      

1718 gelangte der Hof am Schilt wieder in den Besitz der Familie Zurlauben. Fidel Zurlauben besass ihn bis zu seinem Tod 1731, was nachher geschah, ist unbekannt. Elf Jahre später wurde Johann Jakob Kolin Besitzer des Hofs am Schilt, den man nun auch «Kolinscher Hof» nannte. 1762 wechselte der Hof abermals in den Besitz der Zurlauben. Beat Fidel Zurlauben, General in französischen Diensten und Historiker, sollte der letzte Hofbesitzer und zugleich der letzte Vertreter aus dem Geschlecht der Zurlauben bleiben. Unter ihm fand der Hof nochmals zu Glanz: Beat Fidel liess den Festsaal im Nebengebäude verkleinern, im Stil des französischen Rokokos ausgestalten und um eine Loggia erweitern. Und der Garten wurde zeittypisch zum klassischen Barockgarten «à la française» umgestaltet.

 

19.–21. Jahrhundert – Der Bossardhof         

Mit dem Tod des letzten Zurlauben ging der Hof 1794 in den Besitz von Johann Kaspar Bartholomäus Landtwing und Josef Anton Hediger über. Hedigers Sohn ersetzte 1832/33 die alte Ökonomie durch eine neue, riesige Scheune. In der Folge wechselte die Liegenschaft mehrfach die Hand, ehe sie 1844 von Matthias Damian Bossard erworben wurde. Unter der Familie Bossard, die den Hof nun über fast 180 Jahre besitzen sollte, erfuhren die Gebäude bis in die 1970er-Jahre kleinere bauliche Veränderungen; der Landschaftsgarten entwickelte sich zum Wohngarten. 1970 wurde der Zurlaubenhof, wie er nun hiess, unter kantonalen Denkmalschutz und unter Bundesschutz gestellt. Es folgten tiefgreifende Umbauten des Hauptgebäudes, des Nebengebäudes und der Scheune, in denen mehrere Wohnungen eingebaut wurden. 2022 stimmte die Zuger Stimmbevölkerung mit überwältigendem Mehr dem Kauf des Zurlaubenhofs durch die Stadt Zug zu.

 

Zusammenzug aus: Brigitte Moser, Nathalie Büsser, Heinz Greter, Josef Grünenfelder: Der Zurlaubenhof. Herrensitz der einflussreichen Zuger Familie Zurlauben. Hg. Historischer Verein des Kantons Zug, Zug 2022.

 

Zur Publikation

Top